Es ist Samstag, 23. Mai 2015. Ich besuche ca. 10:30 Uhr den ersten Kunst- und Handwerkermarkt auf dem Stadthausplatz in Uster. Da ich mich gerne inspirieren lasse, sehe ich mich um, was die Aussteller anbieten. Dabei fällt mir gleich ein Schild und ein Junge auf. „Ich spare auf mein neues Velo. NIKLAS“. Das ist ein Ansage, ein klares Ziel und mit rot noch sehr gut zu bemerken.
Niklas ist mit seiner Mutter Aline Kramer da und verkauft Spezialitäten. In einem Koffer stehen gefärbte Zuckerwürfel und davor abgepackte Tüten mit jeweils 10 Teebeutel. An jedem Teebeutel hängt eine Geschichte.
Erst vor 4 Tagen veröffentlichte ich einen Artikel über das Experiement „Significant Objects“ der beiden US-Journalisten Rob Walker und Josh Glenn. Significant Objects war ein literarisches und anthropologisches Experiment dieser beiden Journalisten. Ihre Hypothese lautete: Geschichten sind eine sehr starke Triebfeder des emotionalen Wertes eines Gegenstandes. Diese Auswirkung auf den subjektiven Wert eines Gegenstandes kann man tatsächlich objektiv messen.
Ihre Idee diese Behauptung zu widerlegen oder beweisen war einfach. Kreative talentierte Autoren erfanden eine Geschichte zu einem Gegenstand. Wichtig dabei war, dass es keine reale Geschichte, sondern eine erfundene Geschichte war. Gemäss der Hypothese sollte der Gegenstand nicht nur subjektiv wertvoller werden, sondern auch objektiv an Wert zunehmen. Der Test: Verkauf des Gegenstandes auf eBay.
An diesem Samstag entdecke ich einen Jungen, der diese Idee der beiden Journalisten umgesetzt hatte. Er veredelt einen einfachen Teebeutel mit einer Geschichte und verkauft Teebeutelgeschichten. Die Geschichten stammen von Niklas selbst. Ansonsten hatte er noch Hilfe von seiner Mutter und seiner Lehrerin.
Hier eine seiner Geschichten: Camping im Garten.
Leon war 7 Jahre alt und liebte das Zelten. Morgen abend wird Janis bei ihm im Zelt schlafen. Beide freuen sich riesig. Am Abend im Zelt erzählen sich die beiden Gruselgeschichten. Um Mitternacht sind sie immer noch nicht eingeschlafen. Plötzlich hörten sie Schritte näher kommen. Sie fragten sich, wer das wohl sein könnte. Sie hatten Angst und klammerten sich aneinander fest. Die Zeit blieb fast stehen. Janis nahm all seinen Mut zusammen und öffnete vorsichtig den Reisverschluss des Zeltes. Als er hinausblickte, sah er eine Gestalt.
Die Gestalt kam näher und näher. Als Yanis mit der Taschenlampe leuchtete erkannte er Leons Vater. Er fühlte sich sehr erleichtert. Leons Papa sagte ihnen noch einmal gute Nacht und ging zurück ins Haus. Die beiden Jungs schliefen dann kurze Zeit später ein. Soweit einer der Geschichten von Niklas.
Nachtmittags gegen halb drei Uhr gehe ich noch einmal hin und will noch mal einen Beutel mit Teebeutelgeschichten kaufen. Längst waren alle ausverkauft und die erste Bestellung stand schon im Heft von Niklas. Ich fragte die beiden um ein Foto und die Erlaubnis diese Begebenheit im Vortrag und in meinem Blog weiterzugeben. Danke an die Beiden für die Erlaubnis.
Warum kaufte ich die Teebeutelgeschichten?
- Mir gefällt die unternehmerische Initiative von Niklas.
- Niklas hat ein klares Ziel ( ein Velo ). Ich finde das unterstützenswert.
- Mir gefällt die Idee der Teebeutelgeschichten
- Ich bekomme Material für einen Blogbeitrag.
- Ich baue die Begebenheit in meinen Vortrag ein.
An was erinnert mich diese Begegnung?
1. Es ist wichtig ein klares Ziel zu formulieren und dies zu kommunizieren
Niklas formulierte ein klares Ziel – ein neues Velo. Damit gibt er den Leuten einen Grund, ihn zu unterstützen. Etliche Besucher des Kunst- und Handwerkermarktes taten das auch. Als Unternehmer wird das Ziel „Ich spare für einen neuen BMW“ wenig Unterstützung bringen. Da wirkt das Ziel „einen Beitrag zur effizienten Energienutzung“ besser.
2. Storytelling macht Produkte interessanter
Niklas erfand Geschichten, die er an die Teebeutel hängte. Die Teebeutelgeschichten verkaufte er recht erfolgreich. Für Unternehmer bieten sich Herkunftsgeschichten, Differenzierungs- oder Produktgeschichten an.